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Früher war alles besser:

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Voraussichtliche Lesedauer: 7 Minuten

Wie der Druck auf Familien durch die Gesellschaft immer größer wird

Früher war alles besser! Diesen Ausspruch hört man oft, gerade, wenn es um Kinder geht. Damals spielten Kinder draußen, fernab von Handys und Tablets. Sie zeigten Respekt vor Erwachsenen, und Mamis mussten nicht erst die Rutsche im Park trockenwischen, bevor ihre Kinder darauf rutschten konnten.

Aber war früher wirklich alles besser? Sicherlich nicht. Jede Generation hatte ihre eigenen Herausforderungen, Sorgen und Ängste:

  • Kinder mussten bis ins 20. Jahrhundert hinein überall mithelfen und arbeiten gehen, um ihren Unterhalt zu verdienen und die Familie mit zu ernähren
  • Mütter mussten (und müssen leider noch heute) ihre Kinder in Kriegszeiten erziehen und versorgen, mit der Angst, dass ihre Männer oder Kinder an der Front sterben könnten.
  • Nach dem Zweiten Weltkrieg musste Deutschland wiederaufgebaut werden, Familien wurden getrennt, und der Kalte Krieg prägte die Ära.

Eins war früher aber wirklich besser: Der gesellschaftliche Druck auf Familien war bei Weitem nicht so hoch wie heute. Es musste nicht alles perfekt sein.

Aber warum ist das heute anders? Liegt es allein an den sozialen Medien, wo sich jeder nur von seiner besten Seite präsentiert und alle Welt ungehindert kommentieren kann? Sind es der Wandel der Zeit und der Wohlstand unserer heutigen Konsumgesellschaft? Oder sind die nicht mehr so strengen Erziehungsmethoden der heutigen Zeit an allem Schuld?

Ich denke, es ist eine Mischung aus allem.

Kinder sind nicht für die moderne Schnelllebigkeit gemacht

Alle Eltern wollen doch nur eins: ihre Kinder beschützen und ihnen eine glückliche Kindheit ermöglichen. Dabei ist die Welt heute aber viel schnelllebiger als vor 30 Jahren, als ich selbst ein Kind war. Damals gab es weniger Autos, die meist rücksichtsvoll unterwegs waren, was die Straßen für Kinder sicherer machte. Auch viele moderne technische Errungenschaften wie Smartphones, Alexa und Co., die das Leben heute an jeder Ecke begleiten, waren noch undenkbar.

Kinder können die mittlerweile allgegenwärtige Schnelllebigkeit einer technisierten Welt aber noch gar nicht verarbeiten. Sie müssen erst lernen, die Geschwindigkeit schnell herannahender Autos abzuschätzen oder wie sich Medienkonsum langfristig auf ihr Gehirn und ihren Alltag auswirkt. Ist es deshalb wirklich so verwerflich, seine Kinder in den Kindergarten oder zur Schule zu bringen und auch wieder abzuholen? Oder wenn Sie alleine laufen, sie mit Warnwesten und Reflektoren gut sichtbar zu machen und dadurch vor Unfällen zu schützen?

Irgendwer hat immer etwas zu meckern

Egal, was wir Eltern tun, es scheint immer falsch zu sein! Arbeiten Mütter Vollzeit und geben ihre Kinder deshalb, womöglich schon ab dem ersten Geburtstag, in die Betreuung, heißt es, sie hätten keine Kinder bekommen sollen. Bleiben sie zu Hause, werden sie als faul abgestempelt, als Schmarotzer, die sich auf Kosten der Gesellschaft ein schönes Leben machen. Selbst wenn Mütter halbtags arbeiten, ist es oft nicht recht, weil das für Arbeitgeber nicht so angenehm ist wie eine Vollzeitstelle. Aber am schlimmsten ist es für einige, wenn die Frau das Geld verdient und der Mann sich um die Kinder kümmert – das geht ja wohl gar nicht, was da bloß falsch läuft?

Soziale Medien setzen unmögliche Standards

Durch soziale Medien wird der Druck noch größer: Einige Accounts zeigen, wie und wann man was putzen soll, andere preisen liebevoll zubereitete Brotdosen und gesunde Mahlzeiten an. Es gibt Eltern, die tolle Ausflüge machen, basteln, Lernspielzeug selbst herstellen und sogar Weihnachtswichtel spielen. Wer sich hier mit jedem messen will, wird zwangsläufig häufig den Kürzeren ziehen.

Einige finden es toll, andere nicht, und jeder kommentiert seinen Standpunkt, sodass uns jeder Beitrag gleichzeitig mit einer wahren Flut an Meinungen konfrontiert. Und eigentlich wissen wir, dass diese Beiträge nur Momentaufnahmen sind und es auch in diesen Familien nicht immer so harmonisch zugeht. Dennoch spüren wir den Druck und fragen uns, warum wir nicht selbst so kreativ, unabhängig und immer gut gelaunt und geduldig sind.

Warum probieren unsere Kinder nicht das liebevoll gekochte Essen? Warum können sie nicht stillsitzen und basteln? Warum sind sie ständig laut und plappern die Schimpfwörter aus dem Kindergarten und der Schule nach? Und wenn wir am Ende unserer Kräfte sind, weil nichts so richtig funktioniert, der Haushalt liegen bleibt und wir zu müde sind zum Kochen, gibt es nur Pizza – und das schlechte Gewissen, einfach nicht mit den Vorzeigeeltern von Instagram mithalten zu können, lässt uns nicht einmal diese genießen.

Andere schaffen es doch auch

Wer es wagt, sich über die hohen Anforderungen an moderne Eltern zu beschweren oder mal Dampf abzulassen, muss mit starkem Gegenwind rechnen: Mütter, die täglich 24 Stunden Vollzeit arbeiten, dabei ihren Haushalt nahezu klinisch rein halten und den Kindern drei frisch zubereitete und gesunde Mahlzeiten in Bioqualität auf den Tisch zaubern, machen es schließlich vor, dass nichts unmöglich ist. Vier Kinder und pflegebedürftige Eltern oder Schwiegereltern? Kein Problem!

Und überhaupt: Man hat sich sein Leben schließlich selbst ausgesucht. Wem Kinder zu viel Arbeit sind, der soll eben keine bekommen oder sie besser erziehen. Wer die Schwiegereltern nicht pflegen will, der soll sie ins Heim geben – ach nein, das wäre herzlos. Wer den Anforderungen nicht gerecht wird, kann nicht mit Mitgefühl rechnen. Stattdessen werden Eltern, die im ständigen Wettbewerb um das beste Leben nicht mithalten können, erbarmungslos zerfleischt.

Ein düsterer Blick in die Zukunft?

Die Welt ist im Wandel, heute vielleicht mehr als je zuvor. Unser aller Ziel sollte es dabei doch sein, uns und unseren Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen – eine Zukunft ohne Krieg, ohne zerstörtes Klima, ohne Hass, Rassismus, Neid und Missgunst.

Um das möglich zu machen, sollten wir wieder als Gesellschaft zusammenleben und nicht nur an uns selbst denken. Kinder sind unsere Zukunft, unser größtes Gut. Aber in Deutschland haben es Familien derzeit nicht leicht. Denn Kinder werden in der Gesellschaft kaum als vollwertige Mitglieder anerkannt; in vielen Bereichen werden sie eher als lästig empfunden. Kein Wunder also, dass die Geburtenrate sinkt.

Die Auswirkungen, die das langfristig auf unser Land hat, sollten jedem bewusst sein: Weniger Beitragszahler in die Rentenkasse, ein noch größerer Fachkräftemangel und ein anhaltender demographischer Wandel. Wenn wir nicht aufpassen, wird Deutschland bald keine Wirtschaftsmacht mehr sein. Aber es ist einfacher, der Politik oder anderen die Schuld zu geben, als über den eigenen Tellerrand zu schauen.

Wenn früher in unserer Kindheit alles besser war, warum gibt es dann heute so viele unglückliche Menschen, die überall ihren Hass verbreiten? Wir sollten die modernen Technologien nutzen, um zusammenzuwachsen, nicht um uns zu entfremden.

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